The Photography Show presented by AIPAD, New York
30.3.2017 — 2.4.2017
Fotografische Porträts sind mehr als Erinnerungen an Freunde und Familie – sie kennzeichnen auch die soziale Identität. Structures of Identity untersucht, wie Fotograf*innen verschiedener Kulturkreise und über unterschiedliche historische Epochen hinweg in ihren Aufnahmen gesellschaftliche Stereotype, die auf Vorstellungen von Rasse, Geschlecht, Klasse und Nationalität basieren, bestärken oder kritisieren. Mit dem Fokus auf der Beziehung zwischen Selbstdarstellung und sozialer Identität, erforscht Structures of Identity die politischen und kulturellen Faktoren, die individuelle und kollektive Subjektivität prägen.
Seit der Erfindung der Fotografie im Jahr 1839 diente das Porträt in wissenschaftlichen Studien sowie privaten und kommerziellen Bildarchiven dazu, den durch die industrielle Revolution verursachten gesellschaftlichen Wandel zu dokumentieren und soziale Hierarchien neu zu definieren. Frühe fotografische Medien wie die Daguerreotypie, Ferrotypie oder cartes de visite zeichneten sich häufig durch stark konventionalisierte Darstellungen verschiedener Personengruppen aus und nutzten die Formate der Typologie, Taxonomie und Serialität, um die komplexen Sozialstrukturen moderner Industriestaaten zu analysieren und zu katalogisieren.
So begann etwa Karl Blossfeldt im Jahr 1898 Pflanzen, Samen und anderes Anschauungsmaterial aus der Natur zu fotografieren. August Sander hingegen bemühte sich in seinem Meisterwerk "Antlitz der Zeit" (1929) um eine wirklichkeitsgetreue Fotografie, die es ihm erlaubte, unterschiedliche gesellschaftliche Schichten des frühen zwanzigsten Jahrhunderts in Deutschland herauszuarbeiten und zu kontextualisieren.
In den letzten Jahrzehnten nutzten Fotograf*innen das Format des Studioporträts oder der typologischen Struktur wiederholt als Ausgangspunkt für anspruchsvolle kritische Untersuchungen und um bestimmte soziale oder historische Milieus zu erfassen: Richard Avedons 69-teilige Serie "The Family" zeigt das politische Establishment der USA vor der Präsidentschaftswahl im Jahr 1976, während Accra Shepp in einer umfangreichen Porträtreihe eine Chronik der Occupy Wall Street-Proteste zwischen 2011 und 2012 erschafft.
Structures of Identity hinterfragt die Idee eines stabilen, authentischen Ichs, indem sie Werke von Künstler*innen und Modellen zeigt, deren Fotografien gängige Erwartungshaltungen unterwandern und tradierte Muster von Identitätszuschreibung herausfordern. Die Ausstellung zeigt, wie einige Fotograf*innen die Macht der fotografischen Porträtfotografie nutzen, um sich verändernde Vorstellungen von Geschlecht und Sexualität sowie Rasse und Ethnizität zu erforschen. Zanele Muholis Serie "Faces & Phases" (2006–heute) porträtiert Mitglieder der südafrikanischen LGBTI-Gemeinschaft, die im Alltag häufig Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt sind.
Während Samuel Fosso in "African Spirits" (2008) Ikonen der panafrikanischen Befreiungs- und afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung inszeniert, visualisiert Rotimi-Fani Kayode in seinen lebhaften Darstellungen spirituelle und erotische Fantasien des schwarzen, männlichen Körpers. Auch in Malick Sidibés sinnlich anmutenden Rückenportraits der Serie "Vues de Dos" (1999–2001) werden der Körper und das Selbst durch Gestik, Pose und Bewegung sichtbar gemacht oder verdeckt.
All diese künstlerischen Ansätze reflektieren, wie visuelle Formen, materielle Kultur und Archivstrukturen soziale Einstellungen konstruieren und prägen. Structures of Identity zeigt die unterschiedlichen Formen der Subjektivität und sozialen Identität innerhalb der Geschichte des fotografischen Mediums auf und veranschaulicht The Walther Collections kontinuierliches Bestreben, die Entwicklung der Fotografie jenseits von konventionellen zeitlichen, kulturellen und geografischen Grenzen zu diskutieren und zu betrachten.
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