2.6.2016 — 3.9.2016
Who I Am: Rediscovered Portraits from Apartheid South Africa zeigt eine Auswahl wiederentdeckter Porträtfotografien, die der Fotograf Singarum Jeevaruthnam "Kitty" Moodley zwischen 1972 und 1984 in seinem Fotostudio in Pietermaritzburg, einer mittelgroßen Stadt in Südafrika, aufnahm.
Innerhalb des diskriminierenden und segregierenden Systems der Apartheid bot Kittys Studio seinen Kunden einen geschützten Raum und die Möglichkeit, sich frei von allen Darstellungskonventionen selbst zu inszenieren. Die Schwarzweißfotografien zeigen, wie Angehörige der einfachen Arbeiterschicht mithilfe von traditioneller und moderner Mode mutig mit ihrer Selbstdarstellung experimentieren. Während einige mit religiösen Outfits, Zulu-Perlen oder dem Gewand eines traditionellen Medizinmannes bekleidet sind, tragen andere entweder ihre beste Sonntagskleidung oder abgenutzte Alltagssachen. Die Bilder enthüllen, wie die Fotografierten ihre Lebensumstände reflektieren und ihr Erscheinungsbild spielerisch umgestalten. Moodleys Aufnahmen bieten ein erfrischend anderes, unkonventionelles Bild der südafrikanischen Gesellschaft in der Apartheid-Ära, jenseits der damaligen rassistischen Stereotype. Kittys Studio war lebendiger Dreh- und Angelpunkt für die Gemeinschaft und die Anti-Apartheid-Bewegung.
Teilweise wechselt dieselbe Person zwischen den Welten: In einem rätselhaften Paar von Porträts erscheint ein Fotomodel sowohl in männlicher als auch in weiblicher Aufmachung. Diese Porträts sind eine Gegenerzählung zu der Ideologie des Apartheidsystems mit seiner Rassentrennung, die von 1948 bis 1994 alle Bereiche des täglichen Lebens in Südafrika einschneidend prägte. In dieser Zeit dokumentierten Fotojournalisten und die sogenannte "struggle photography" Protestaktionen gegen die Apartheid und deren Gewalt. Daraus resultierten oft schockierende Bilder, die sich im Bewusstsein der Weltöffentlichkeit eingebrannt haben. Im Gegensatz dazu bieten Kittys Porträts einen bisher weniger bekannten Blickwinkel: Sie bieten einen beispiellosen Einblick in das Privatleben und die Sehnsüchte einzelner "nicht-weißer" Südafrikaner während der Apartheid und reflektieren somit generelle Vorstellungen von Familie, Geschlechterrollen und ethnischer Zugehörigkeit in dieser Zeit.
Der Fotograf S. J. Moodley wurde 1922 als Sohn einer indischen Familie in der Provinz KwaZulu-Natal in Südafrika geboren. Nachdem er als Maschinist in einer Schuhfabrik gearbeitet hatte, gründete er im Jahr 1957 sein familiengeführtes Fotostudio in Pietermaritzburg. Als leidenschaftlicher Aktivist für die Gemeinde und Gegner der Apartheid, leitete er das Studio bis zu seinem Tod im Jahr 1987. Nach seinem Tod wurden viele seiner Negative von der Campbell Collection in Durban erworben, die heute zur Universität von KwaZulu-Natal gehört. Dort wurde ein Großteil der Bilder als unvereinbar mit der historischen Sammlung befunden und aus dem Archiv genommen. Steven C. Dubin, Professor an der Columbia University und Mitorganisator der Ausstellung, erwarb schließlich rund 1.400 aussortierte Negative, von denen die Abzüge für Who I Am gemacht wurden.
Mit Who I Am setzt The Walther Collection ihre langjährige Auseinandersetzung mit vernakularer Fotografie fort. Frühere Ausstellungen zu diesem Thema zeigten historische afrikanische und koloniale Fotografien des 19. Jahrhunderts, afrikanische Studio- und Werbefotografie des 20. Jahrhunderts, darunter die Porträts der malischen Fotografen Seydou Keïta und Malick Sidibé, sowie zeitgenössische Auseinandersetzungen mit diesem Genre von namhaften Künstlern wie Samuel Fosso oder Santu Mofokeng.