Südafrika, geb. 1964; lebt und arbeitet in Kapstadt, Südafrika
Die Konzeptkünstlerin Berni Searle nutzt für ihre fotografischen, installativen und skulpturalen Arbeiten den ganzen Körper und alle Sinne, um die ethnischen, politischen und natürlichen Lebensbedingungen in Südafrika zu kommentieren. Searle, die Kunst und Pädagogik studiert hat, setzt ihren Körper als einen vielfach erforschten Artikulationsort symbolischer Gesten ein, von dem aus sie umfassendere Fragen über Nation und Ethnizität anreißt. Mithilfe natürlicher Materialien wie Gewürze, Samen und Bodenpigmente, die oft Zeichen der Gewalt am Körper evozieren (wie Blutergüsse oder andere Verletzungen), "färbt" Searle den Körper der natürlichen Umwelt entsprechend ein. Dabei entwirft sie eine neue Sicht auf die Festschreibung von "Rasse" auf den Körper, die Politik der "Rassenmischung", das koloniale Interesse am Gewürzhandel und die daraus resultierende Gewalt in der südafrikanischen Geschichte und schließlich, auf einer persönlichen Ebene, auf den Körper als Ort, an dem sich Kunst, Umgebung und physisches Sein überschneiden.
Lifeline (1999) aus der Serie Discoloured besteht aus einer vergrößerten Nahaufnahme einer mit Henna gefärbten geöffneten Handfläche, die in 24 gleich große Abzüge zerlegt wurde. In den 24 Teilen, deren scharfe Ränder die Lebenslinien dieses verletzlichen Körperteils durchtrennen, verzahnt sich die universelle Spanne eines Tages mit der persönlichen und biologischen Spanne eines individuellen Körpers – eines von Traumata gezeichneten Körpers, deren physische Spuren anders als die psychischen mit der Zeit verblassen werden. Die Serie Discoloured folgte der Serie Colour Me (1997), in der Searle ihren nackten Körper mit verschiedenfarbigen Gewürzen bedecken ließ, die auf die jeweiligen "Rassen"-Stereotypen verweisen: Rot (Paprika), Gelb (Kurkuma), Braun (Nelkenpulver) und Weiß (Erbsenmehl). Bei Lifeline kann man an der offenen Handfläche wie an einem Palimpsest das Interesse der Künstlerin ablesen, den Körper von seinen kategorialen Einschreibungen von "Rasse", Ethnografie und Gender zu befreien, mit denen lange Zeit Unterdrückung und Diskriminierung in Südafrika und anderswo untermauert wurden.
– Ellen Yoshi Tani