Nigeria, 1930–2014
Kurz nach der Unabhängigkeit Nigerias von Großbritannien im Jahr 1960 nahm der Fotograf J. D. ’Okhai Ojeikere ein bemerkenswertes Projekt in Angriff: die systematische Dokumentation kultureller Schlüsselelemente seines Heimatlandes während des postkolonialen Umbruchs. Ohne ein spezielles anthropologisches oder wissenschaftliches Interesse zu verfolgen, begann er 1968 mit der großangelegten Dokumentation der Haartrachten nigerianischer Frauen. In den folgenden vierzig Jahren trug er mehr als eintausend Fotos von geflochtenen, verdrillten und in Tücher gewickelten Haaren zusammen. Jede dieser fast skulptural anmutenden Formen verweist auf eine bestimmte Komponente des nigerianischen Lebens – von seinen zahlreichen ethnischen Gruppierungen bis hin zur sich ausdehnenden Formensprache der Skyline von Lagos. Die Fotos sind sich in formaler Hinsicht ähnlich; es sind Nahaufnahmen der Frisuren von hinten, die in der Bildmitte vor einem kontrastierenden weißen oder schwarzen Hintergrund platziert sind und so die Komplexität und den konstruktiven Einfallsreichtum der aufwändigen Haargestaltungen betonen. "Die Haartrachten sind eine Kunstform", meinte Ojeikere. "[Aber] all diese Frisuren sind vergänglich. Meine Fotos sollen ein denkwürdiges Zeugnis von ihnen ablegen. Ich wollte immer Augenblicke der Schönheit, Augenblicke der Erkenntnis festhalten."