Goldblatt, David

Biographie

Südafrika, 1930–2018

Details

David Goldblatt wurde 1930 in eine Familie litauischer Juden geboren, die 1890 wegen religiöser Verfolgung nach Südafrika geflohen war. Über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahrhundert hat Goldblatt sein Land mit seiner umfassenden fotografischen Arbeit dokumentiert. Seine fast ausschließlich in Schwarz-Weiß fotografierten Bilder von Minen, Townships, Gebäuden, Denkmälern und anderen Bildthemen könnte man lesen wie meditative Betrachtungen über die Bedingungen und Räume des Innern und des Äußeren: Zu jedem intimen Porträt einer Afrikanerin in ihrer Wohnung findet sich ein Gegenpart abgebildet, ein ernstes Foto eines Stadtbeamten oder Bürokraten, der an einem mächtigen und doch irgendwie auch befremdlich anspruchslosen Schreibtisch sitzt. Auf ähnliche Weise wird ein Widerhall erzeugt zwischen historischen Bildern von Townshiptreffen aus der Zeit der Apartheid und neueren Fotografien von der offenen Landschaft Südafrikas. Solch binäre Gegenüberstellungen könnte man leicht fortführen, um weitere Gegensatzpaare darin zu lesen, wie unterirdisch/überirdisch, urban/suburban oder – auch rein formal – schwarz/weiß. 

Goldblatts Bilder porträtieren wechselseitig die Ordnung und den Ruin, die den Kern der südafrikanischen Moderne auszumachen scheinen. Sie könnten auch dazu anregen, zu untersuchen, ob nicht jedem Getrenntsein, im Sinne einer Apartheid, ein internalisiertes zusammenhaltendes Ordnungsmuster entgegensteht. Doch obwohl die Bilder die Betrachtenden für die Gleichzeitigkeit von Innen und Außen sensibilisieren – eine Bedingung. die auch von Goldblatts eigener, persönlicher komplizierter Geschichte innerhalb der Geschichte Südafrikas erzählt –, wird hier von ihm eben nicht bloß ein Kommentar abgegeben oder bloß etwas im Raum stehengelassen – eine Qualität, die das alte Wort des französischen Fotopioniers Eugène Atget "Was ich mache, sind Dokumente" in seiner existenziellen Wertigkeit in Erinnerung ruft. Dem jungen Goldblatt waren die Fotografien für die U.S. Farm Security Administration von Dorothea Lange (1895–1965) und Walker Evans (1903–1975) bekannt. Räumlich näher haben ihn die südafrikanischen Fotografen*innen inspiriert, die in den 1950er Jahren für das Magazin Drum arbeiteten – darunter Jürgen Schadeberg, Peter Magubane und Bob Gosani. Goldblatts Bilder vermeiden das Sensationelle und schauen hingegen lieber auf das Alltägliche. Viele der neueren Bilder konzentrieren sich auf die karge Landschaft am Nordkap, andere, ähnliche Arbeiten erkunden öffentliche und private Erinnerungsstätten, die in dieser Landschaft zu finden sind.

Goldblatt engagiert sich dezidiert für die demokratische Repräsentation im weitesten Sinne und arbeitet ruhelos als aufrechter Fotograf, Mentor, Ausbilder und Unterstützer der Fotografie in Südafrika. 1989 gründete er den Market Photo Workshop in Johannesburg, ein soziales, kulturelles und technisches Zentrum und eine Ausbildungsstätte für junge Fotograf*innen, die andernfalls von formaler Schulung ausgeschlossen wären. Goldblatts Fotos sind weltweit in zahllosen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt worden, darunter eine zentrale Retrospektive, "David Goldblatt: Fifty-One Years", 2001 im Museu d'Art Contemporani de Barcelona. 2009 wurde Goldblatt der Henri Cartier-Bresson Award für TJ, eine laufende Auseinandersetzung mit seiner Stadt Johannesburg, verliehen.

– James Merle Thomas

Werke von Goldblatt, David

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