Großbritannien, geb. 1958; lebt und arbeitet in Berlin, Deutschland
Der Medienkünstler Theo Eshetu wurde in London geboren, wuchs in Äthiopien auf und lebt heute in Berlin. Er arbeitet mit Videoinstallationen, die die expansive Kraft sowohl dieser unterschiedlichen kulturellen Einflüsse als auch des Mediums abbilden. Eshetu fordert uns als Betrachtende auf, die Prozesse seiner Vermittlung zu reflektieren, während wir die vielfältigen Strategien der Bildproduktion registrieren, die sich uns über seine unterschiedlichen kulturellen Bezugspunkte vermitteln. Form und Inhalt seiner Installationen generieren ein provozierendes "electronic elsewhere", ein "elektronisches Anderswo", wie es von den Autor*innen Chris Berry, Soyoung Kim und Lynn Spigel in ihrem gleichnamigen Buch artikuliert wird: Eshetu schafft soziale Räume, die in der materiellen Welt zu Hause sind (Galerie-Installationen aus Spiegeln, Monitoren oder Fotos gelebter Erfahrungen), zugleich aber auf den Aspekt eines Nicht-Raums gegründet sind, wie er durch Medientechnologien erzeugt wird. Es ist dieser Widerspruch, der in Arbeiten wie Brave New World (1999) deutlich zum Ausdruck kommt. Hier mixt Eshetu umfangreiches Filmmaterial wie Super-8-Footage, eigene Videoaufnahmen und aufgezeichnete Fernsehprogramme zu einem poetischen Synkretismus, der feinsinnig die globalen Erfahrungswelten des Künstlers vermittelt. Zudem werden diese Bilder in einem spielerischen Panoptikum präsentiert: Ein einzelner Videomonitor strahlt die diversen Inhalte in einen verspiegelten Kubus, der sich konkav auffächert und sie zu einem mise-en-abyme aus gewölbten, fragmentierten Projektionen multipliziert. Der Betrachter muss seinen Kopf in den 4:3-Rahmen der Apparatur stecken, um die unendlichen Brechungen der Filmbilder sehen zu können. Der eigene Körper wird in diesem spektakulären Nicht-Ort zudem als Teil der Installation wahrgenommen.
In der Arbeit Trip to Mount Ziqualla (2005) betont Eshetu die Besonderheit seiner Position als Künstler und seiner Möglichkeiten der Manipulation. Bei dieser dreikanaligen, triptychonartigen Projektion erscheinen die Videobilder links und rechts gespiegelt und rahmen das kontrastierende zentrale Bild markant ein. Bald aber vermischen sich die Bilder zu einem üppigen, komplexen Mandala aus Figuren in farbenprächtigen Gewändern. Handgefilmte dokumentarische Video-Nahaufnahmen und Bilder einer religiösen Zeremonie sind ineinandergeschnitten. Der Soundtrack aus anschwellender Orchestermusik von Bach und Samples der Hip-Hop-Gruppe N.W.A. (Niggas With Attitude) mischt sich unter den Originalton des Dokumentarmaterials, im Verlauf irgendwann verschwindend, nur um abrupt wiederaufzutauchen und damit seine synchrone Präsenz zu behaupten. Der Künstler unterstreicht gekonnt die Elastizität elektronischer Medientechnologien. In Eshetus Werk behaupten sich sowohl der kulturelle Mix, den diese Technologien hervorzubringen vermögen, als auch die Einflüsse aus dem multikulturellen Erfahrungshintergrund des Künstlers, die in den Arbeiten von vornherein präsent sind.
– Kenneth White, Stanford University